Otto Willi Gail – Auf den Spuren des fränkischen Jules Vernes

Bild Otto Willi Gail-Lesung im Kastaniengarten der kanzlei meyerhuber

Otto Willi Wer? Den Gunzenhäuser Science-Fiction-Autor hat heute wohl kaum jemand mehr auf dem Zettel. Dabei schrieb er bereits vor fast 100 Jahren über Außerirdische, Weltraumflüge und Sonnenkraftwerke. Damals schienen seine phantastischen Geschichten direkt aus Absurdistan zu stammen, heute wissen wir, dass Otto Willi Gail eine fast seherische Gabe hatte und seiner Zeit um Jahrzehnte voraus war. Seine große Kunst war es, komplexe Sachverhalte in einfach Worte zu übersetzen. Dennoch hat er es in keinen literarischen Kanon geschafft, selbst eingefleischte Perry Rhodan, Atlan oder Terra Astra-Nerds kennen ihn nicht. Eine Annäherung bleibt schwierig, denn die letzten Neuauflagen seiner Werke liegen mehr als 40 Jahre zurück. Es ist Zeit für die Wiederentdeckung dieses vergessenen Gunzenhäuser Genies.     

Am Donnerstag, 11. Juli 2024, laden wir Sie zu einer ganz besonderen Otto Willi Gail-Gedächtnislesung in den Kastaniengarten der Kanzlei meyerhuber rechtsanwälte in die Rot-Kreuz-Straße nach Gunzenhausen ein. Sie erfahren wer der Visionär war, was er beruflich machte und warum seine phantastischen Ideen bei der intellektuellen Elite nicht immer gut ankamen. Eines seiner großen Literatenvorbilder war Jules Verne. Die Story „Von der Erde zum Mond“ des Franzosen hatte den Altmühlstädter tief beeindruckt. Gail hatte aber auch bedeutende Freunde in der Wissenschaft, beispielsweise Max Valier, den berühmt-berüchtigten Astronomen, der 1930 bei der Explosion einer Raketenbrennkammer ums Leben kam. Fritz von Opels Raketenautomobile sah er als Zeichen aus der Zukunft, ja Otto Willi Gail war – neudeutsch – „angefixt“ von dem, was Menschen mit Wille und Vision erreichen können. Sein übersprudelnder Geist fand erstmals Mitte der 1920er-Jahre mit dem abenteuerlichen Science-Fiction-Roman „Der Schuss ins All“ Ausdruck. In diesem erobert ein deutscher Ingenieur als erster Mensch den Weltraum und rettet nebenbei noch seine Herzensdame.

Es folgten weitere utopische Geschichten, das Ausland riss sich um die Veröffentlichungen. Bis nach Russland und Amerika schafften es die Ideen, doch langfristig war ihm kein Erfolg als Romancier beschienen. Die wenig phantastische Wirklichkeit holte Otto Willi Gail ein, es galt Brötchen zu verdienen, er schlug eine Karriere als Rundfunkautor ein. Zwar schrieb er weiterhin, allerdings konzentrierte er sich auf populärwissenschaftliche Sachbücher.

Am 11. Juli 2024 wird Stadtarchivar Werner Mühlhäußer im Kastaniengarten über das Leben des Gunzenhäusers sprechen. In den 1920er-Jahren war die Welt im Wandel, die technischen Errungenschaften unglaublich und plötzlich mehrten sich die Spekulationen, was außerhalb des Erdenballs erfahrbar sein könnte. Kein Wunder, dass sich auch in Gunzenhausen zahlreiche Gespräche um die wissenschaftliche Fundierung der Raumfahrt drehten. Ein damals nah an der Erde vorbeifliegender und dadurch gut sichtbarer Komet tat sein Übriges um die Menschen „planetensüchtig“ zu machen.

Im Anschluss an den Historiker widmen sich der Literaturwissenschaftler Manuel Grosser und Rechtsanwalt Holger Johannes Pütz-von Fabeck abwechselnd den Tiefen des Gail´schen Werks. Der Aufbruch zu den Sternen war immer schon ein Menschheitstraum, schon Lukian von Samosata im alten Griechenland widmete sich dieser Idee. Otto Willi Gail schuf sich ein eigenes, weitläufiges Gedankenuniversum, angereichert mit mystischen Komponenten und dem Hang zum Kitsch. Natürlich wird nicht ausgeblendet, dass der Autor ein Kind seiner Zeit war. Übermenschdenken, Heroisierungen und – aus heutiger Sicht – teils unangebrachter Nationalstolz finden sich vielfach.

Abgerundet wird das Spektakel am 11. Juli 2024 von einer stimmungsvollen Licht- und Bildinstallation. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr, Einlass ist um 19 Uhr. Der Besuch ist kostenlos, wer sich einen Platz sichern will, muss sich über die Tourist Information der Stadt Gunzenhausen unter Tel. 09831/508 300 anmelden. Bitte beachten Sie: Das Platzangebot ist beschränkt, es gilt das Windhundprinzip.

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